Landschaftspflege durch extensive Rinderbeweidung

Projektlaufzeit: 03/2013 bis 09/2022

»Grasen für Natur und Landschaft«: Im Rahmen des im Jahr 2013 begonnenen Forschungs- und Entwicklungsprojektes »Landschaftspflege durch extensive Rinderbeweidung« sollte ermittelt werden, wie die extensive Weidewirtschaft mit Rindern sowohl im Hinblick auf den Naturschutz als auch auf die Wirtschaftlichkeit im Betrieb langfristig erfolgreich praktiziert werden kann. Um das Vorhaben so praxisnah wie möglich zu gestalten, wurden von Beginn an Rinder haltende Betriebe aus verschiedenen Regionen Sachsens einbezogen. So wurden zunächst für vier ausgewählte Landwirtschaftsbetriebe im Elbtal im Bereich Nordsachsen, in der Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sowie im Osterzgebirge spezifische Weidekonzepte erarbeitet und in der Praxis etabliert. In den Jahren 2016 und 2017 kamen jeweils drei neue Betriebe aus weiteren Regionen Sachsens hinzu.

Aus anderen Bundesländern sind Weideprojekte zur Erhaltung gefährdeter Pflanzen- und Tierarten des Offenlandes auf meist ganzjährig beweideten großflächigen Arealen bekannt. In Sachsen sind solche großen Weidekomplexe eher selten. Daher wurde hier ein anderer Weg erprobt: In den klassischen Grünlandregionen, wo in Mutterkuhbetrieben die Beweidung meist auf Umtriebsweiden erfolgt, wurden die Ziele des Naturschutzes nach und nach integriert. Zusammenhängende Weideflächen wurden größer, Weidezeiträume länger, der Austrieb der Tiere erfolgte früher im Jahr. Hierfür wurden die betrieblichen und naturschutzfachlichen Ziele in speziellen Weidekonzepten unter einen Hut gebracht.  Dabei galt es, die Konzepte flexibel zu gestalten und je nach Witterungsverlauf und betrieblichen Erfordernissen anzupassen.

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(© Archiv Naturschutz LfULG, E. Jedicke)

Heike Weidt nimmt gemeinsam mit Michael Kuhn, Herdenmanager des Lehr- und Versuchsgutes (LVG) Köllitsch, die Limousin-Herde des Betriebes in Augenschein. Das LVG war einer der ersten Betriebe, für den ein optimal an die örtlichen Bedingungen angepasstes Weidekonzept erarbeitet und in der Praxis erprobt wurde.

Frau Weidt und Herr Kuhn stehen neben einigen Rindern auf der Weide.
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(© Archiv Naturschutz LfULG, H. Ballmann)

In der sächsischen Landwirtschaft hat die Haltung von Fleischrindern nach wie vor einen begrenzten Stellenwert. Als vergleichsweise extensive Nutzungsform gewinnt sie für Naturschutz und Landschaftspflege aber zunehmend an Bedeutung. Das Bild zeigt die Hereford-Herde der Agrargenossenschaft Klitten eG in der Oberlausitz.

Eine Gruppe von Rindern steht auf der Weide.
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(© Archiv Naturschutz LfULG)

Heribert Meller, geschäftsführender Gesellschafter der Gutsverwaltung Schönfelder Hochland GmbH, stellte gemeinsam mit Norbert Eichkorn, Präsident des LfULG (v. l. n. r.), zum Feldtag im Oktober 2017 ein Weideschild mit Informationen über die Umsetzung des Projektes in seinem Betrieb auf.

Herr Meller und Herr Eichkorn stehen neben der Weidetafel und blicken in die Landschaft.
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(© Archiv Naturschutz LfULG, H. Menzer)

Extensive Weidesysteme spielen eine wichtige Rolle, um die besondere Natur und Landschaft in vielen Regionen Sachsens zu erhalten und einen Beitrag zur Förderung der biologischen Vielfalt sowie zum Schutz des Bodens, des Klimas und des Landschaftsbildes zu leisten. Zu sehen ist eine Herde mit Kreuzungstieren im Osterzgebirge.

Einige Rinder grasen auf einer Weide, im Hintergrund ist ein bewaldeter Hügel.
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(© Archiv Naturschutz LfULG, A. Jahn)

Beim Hoftag in Frauenstein im Mai 2022 überreichte Staatsminister Wolfram Günther Zertifikate an einige der teilnehmenden Betriebe. Für die Beteiligten ist klar: Die geknüpften Kontakte sollen weiterhin gepflegt werden.

Herr Günther steht mit den Vertretern der Betriebe auf einer Wiese, diese zeigen ihr Zertifikat.
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(© Archiv Naturschutz LfULG, M. Kittel)

Jungviehherde im Schönfelder Hochland. Ökonomisch stabile Landwirtschaftsbetriebe sind die Voraussetzung, damit Landschaftspflegeleistungen erbracht werden können. Derzeit wird das bestehende Potenzial des Grünlands in Sachsen sowohl ökologisch als auch ökonomisch nicht überall vollständig genutzt.

Ein paar Rinder grasen in einer hügeligen Landschaft, im Hintergrund ist ein Dorf zu sehen.

Zur umfassenden Erprobung der extensiven Nutzungs- und Beweidungssysteme in den sächsischen Betrieben galt es, folgende Fragen zu klären:

  • Welchen Beitrag kann die extensive Weidewirtschaft zur Erhaltung und naturschutzfachlichen Verbesserung zusammenhängender Grünlandkomplexe leisten?
  • Sind extensive Nutzungs- und Beweidungssyteme für Rinder haltende Betriebe praktikabel und ökonomisch tragfähig?
  • Wie müssen die Rahmenbedingungen gestaltet werden, damit eine Verwertung der aufwachsenden Biomasse durch Raufutterfresser für die Landwirtschaftsbetriebe attraktiv ist und zugleich naturschutzfachlich positive Effekte erzielt?
  • Können die aus der extensiven Rinderbeweidung erzeugten Produktmengen und -qualitäten gewinnbringend vermarktet werden?
  • Sind die Modelle zur Integration von Naturschutzmaßnahmen in Betriebsabläufe auf andere Betriebe übertragbar?

Trotz teils schwieriger Rahmenbedingungen in den zurückliegenden Dürrejahren wurde das Vorhaben von den Beteiligten sehr positiv bewertet. Zugleich wurde ersichtlich, an welchen Stellen bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden müssen.

  • Extensive Rinderbeweidung leistet einen wichtigen Beitrag für Naturschutz und Landschaftspflege in Sachsen – sie ermöglicht das Vorkommen und die Ausbreitung von Arten, die sonst keinen Lebensraum hätten.
  • Die Modellbetriebe bescheinigen den entwickelten extensiven Nutzungs- und Beweidungskonzepten positive Wirkungen, insbesondere hinsichtlich Ertragssteigerung, Herdenmanagement, Verbesserung des Tierwohls durch energiereicheres Futter, Verringerung des Arbeitsaufwands und größere Flexibilität für den Betrieb.
  • Das Angebot adäquater Informations- und Beratungsmöglichkeiten für die landwirtschaftlichen Betriebe kann die Erreichung von Naturschutzzielen ebenso wie betriebliche Optimierungen maßgeblich fördern. Das Projekt hat gezeigt, dass die fortlaufende Begleitung einen wesentlichen Mehrwert für die Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz bewirkt.
  • Eine betriebsübergreifende Vermarktung für Rindfleisch von der Weide kann die wirtschaftliche Situation der Betriebe verbessern und sollte zeitnah aufgebaut werden.
  • Eine bessere Kommunikation der naturschutzfachlichen Vorteile der extensiven Beweidung in der Öffentlichkeit kann diese nachhaltige Form der Landnutzung unterstützen.
  • Es bedarf einer vermittelnden Person oder Institution, die in Zusammenarbeit mit den Behörden zwischen den Interessen der Fachgebiete Umwelt und Landwirtschaft ausgleichend eintritt und gemeinsame Lösungen vorantreibt.
  • Um die Weidehaltung von Rindern auszubauen und die positiven Wirkungen für den Naturschutz durch Beobachten und Testen zu verbessern, sollten landesweit wirksame Strukturen etabliert werden. Diese müssen die naturschutzfachliche und die weidewirtschaftliche Expertise bündeln, zwischen den Akteuren vermitteln sowie Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung fördern.

Die Auftragnehmer des Projektes, Prof. Dr. Eckard Jedicke von der Hochschule Geisenheim und Heike Weidt vom Landschaftspflegeverband Nordwestsachen e. V., berichteten auf Fachveranstaltungen sowie auf Feld- und Hoftagen vom aktuellen Stand des Projektes. Es wurde gezeigt, dass extensive Rinderbeweidung ein wichtiges Element bei der Umsetzung der sächsischen Biodiversitätsstrategie sein kann und ausgebaut werden sollte. Das erzeugte Rindfleisch stellt eine ideale Grundlage für die Bildung regionaler Wertschöpfungsketten dar. Die Weidehaltung der Rinder trägt zu einem ästhetisch wertvollen Landschaftsbild mit Erholungsfunktion und positiven Auswirkungen auf den Tourismus bei. So entstehen vielfältige Möglichkeiten für eine wirtschaftliche und soziale Stärkung des ländlichen Raumes. Darüber hinaus wurden zielführende Hinweise zur praxisgerechten Ausgestaltung der Agrarumwelt- und Klimamaßnahmen erarbeitet.

Bis zum Abschluss des LfULG-Projektes im Jahr 2022 konnte ein beispielhaftes Kooperationsmodell erarbeitet werden, welches nun in einem Folgeprojekt weiter ausgebaut soll.

Kontakt

Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie

Referat 63: Landschaftspflege

Sophie Löbel

Telefon: 03731 294-2319

E-Mail: Sophie.Loebel@smekul.sachsen.de

Webseite: http://www.lfulg.sachsen.de

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