Häufig gestellte Fragen und Anmerkungen
Die Antworten auf die Frage geben die Auffassung der Verfasser der Handlungsempfehlungen wieder.
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in der Liste der »Häufig gestellten Fragen« sind Fragen und Anmerkungen (Standpunkte) aufgeführt, die in den zahlreichen Erörterungsrunden wiederholt genannt wurden und unseres Erachtens daher von allgemeinem Interesse sind.
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Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft
- Warum reichen die Flächenkategorien der NatSchAVO nicht für die Bewertung und Bilanzierung aus?
- Die Biotoptypenliste ist viel zu umfangreich.
- Warum gibt es Planungswerte und warum sind sie niedriger als die Biotopwerte?
- Werden mit dem Biotopwertansatz Ackerflächen, die ja in der Regel auch wichtige Bodenfunktionen aufweisen, nicht grundsätzlich zu niedrig bewertet?
- Die Angabe von Planungswerten, z.B. auch für die gesetzlich geschützten Biotoptypen und andere sehr wertvolle Biotoptypen, erweckt den Eindruck, Eingriffe in diese seien letztlich immer zulässig!
- Ist die Biotopwertliste nicht ein zu starres Bewertungsinstrument? Regionale Unterschiede kann man damit gar nicht berücksichtigen. Z.B. müssten Bergwiesen in bestimmten Regionen Sachsens deutlich höher bewertet werden.
- Der Bearbeitungsaufwand für kleine Vorhaben ist zu hoch. Wie sollen Vorhabenträger und Büros das unter vernünftigen ökonomischen Bedingungen leisten?
- Wenn keine UVS erstellt wird, sind in vielen Fällen die Vorhabenträger nicht bereit, den Aufwand für die Erfassung der abiotischen Schutzgüter und Funktionen zu bezahlen.
- Insbesondere bauliche Maßnahmen sind besonders teuer und finden bei einem Biotopwertansatz keine ausreichende Anrechnung.
Warum reichen die Flächenkategorien der NatSchAVO nicht für die Bewertung und Bilanzierung aus?
Die vorliegende Handlungsempfehlung bezieht sich auf die Bemessung von Kompensationsumfängen für die naturale Kompensation, die NatSchAVO dient hingegen als Bemessungsgrundlage für die Ermittlung einer Ausgleichsabgabe. Die NatSchAVO unterscheidet hierzu 11 Flächennutzungstypen (A) und 7 sog. Flächenfunktionen.
Die genannten Kategorien sind
- weder für die naturschutzfachliche Bewertung der Bedeutung von Schutzgütern und Funktionen,
- noch für die Herstellung von für die Anrechenbarkeit naturaler Kompensationsmaßnahmen erforderlichen Ableitungszusammenhangs
ausreichend. Für den Anwendungsbereich der naturalen Kompensation bedarf es also einer Ergänzung und Differenzierung der zugrunde gelegten Flächeneinheiten und der ihnen zuzuordnenden Biotoptypen.
Die Biotoptypenliste ist viel zu umfangreich.
Die Biotoptypenliste ist tatsächlich sehr umfangreich, was auf den Umstand zurückzuführen ist, dass sie eine »Verschneidung« von verschiedenen auf Landesebene verwendeten Kartierschlüsseln ist. Das Ziel der Erstellung einer solchen Liste bestand darin, dass sich alle Kartiereinheiten vorhandener Erhebungen wieder finden sollten. In der Endfassung der Handlungsempfehlung sind die Biotoptypen nunmehr nach den Einheiten des CIR-Kartierschlüssels geordnet. Der CIR-Schlüssel ist somit die Mindestanforderung für die Biotoptypenansprache. Die Liste macht kenntlich, in welchen Fällen die CIR-Kartiereinheiten einer Differenzierung bedürfen, um fachlichen Anforderungen zu entsprechen und einer sachgerechten Bewertung zugeführt werden zu können.
Eine Vereinheitlichung der Katiereinheiten der verschiedenen Listen wäre im Zuge einer Fortschreibung /Erneuerung der Biotoptypenliste sehr wünschenswert.
Warum gibt es Planungswerte und warum sind sie niedriger als die Biotopwerte?
Je älter und je wertvoller die Eingriffsbiotope sind, desto höher ist das Wiederherstellungsrisiko und desto länger dauert es, bis die gewünschten Funktionen tatsächlich wieder eintreten (sog. Time-lag).
Der geringere Planungswert bewirkt letztlich einen größeren Kompensationsumfang – ähnlich wie es auch bei Bilanzierungsansätzen, die mit Kompensationsflächenfaktoren arbeiten, der Fall ist.
Die Koppelung des Biotopwertansatzes mit einem biotopbezogenen festgelegten Kompensationsverhältnis soll auch eine Lenkungswirkung haben:
Eingriffe in wertvolle Biotoptypen mit langen Entwicklungszeiten werden »teurer« als Eingriffe in weniger wertvolle Biotoptypen. Der Aspekt der Vermeidung wird durch die Planungswert-Relationen gestärkt.
Werden mit dem Biotopwertansatz Ackerflächen, die ja in der Regel auch wichtige Bodenfunktionen aufweisen, nicht grundsätzlich zu niedrig bewertet?
Ackerflächen werden bei Biotopwertansätzen tatsächlich in der Regel recht gering bewertet. Da auch die Autoren dies als problematisch und in einer Reihe von Fällen nicht adäquat angesehen haben, wurde versucht, diese Problematik mit Hilfe der Funktionsfaktoren zu »entschärfen«.
Liegen – bei geringen Biotopwerten – tatsächlich z.B. Bodenfunktionen (z.B. Biotische Ertragsfunktion; Archivfunktion etc.) oder auch besondere Habitatfunktionen (z.B. Feldhamster) auf Ackerflächen vor, so führt deren Berücksichtigung über einen Funktionsminderungsfaktor zu einer Vergrößerung der anzurechnenden Wertminderung – und somit auch zu einer Erhöhung der Kompensationsverpflichtung.
Die funktionsbezogenen Wertminderungen werden den durch Biotopverlust ermittelten Wertminderungen zugeschlagen. Damit besteht die Möglichkeit, als zu niedrig empfundene Inwertsetzungen von Ackerflächen nach oben zu korrigieren.
Die Angabe von Planungswerten, z.B. auch für die gesetzlich geschützten Biotoptypen und andere sehr wertvolle Biotoptypen, erweckt den Eindruck, Eingriffe in diese seien letztlich immer zulässig!
Als Arbeitshilfe (Zusammenstellung) für die Zulässigkeitsentscheidung ist der gesetzliche Schutzstatus sowie der Gefährdungsgrad angegeben Die Biotopwerte der Arbeitshilfe A 1 dienen hingegen nicht der Zulässigkeitsprüfung. Es kann nicht abgeleitet werden, dass Eingriffe in Biotoptypen mit einem Biotopwert > xy immer unzulässig seien.
Mit Biotopwert und Planungswert sind lediglich Relationen vorgegeben, die den Rahmen für die Ermittlung des Kompensationsumfangs vorgeben. Auch Eingriffe in besonders schützenswerte Biotope werden sich in Zukunft nicht vollständig vermeiden lassen – und nach sorgfältiger Prüfung – genehmigt werden. Der Planungswert dient dann als Maß für die Kompensation von Eingriffsfolgen zulässiger Eingriffe.
Ist die Biotopwertliste nicht ein zu starres Bewertungsinstrument? Regionale Unterschiede kann man damit gar nicht berücksichtigen. Z.B. müssten Bergwiesen in bestimmten Regionen Sachsens deutlich höher bewertet werden.
Es ist zutreffend, dass die momentan vorliegende Biotoptypeliste keine regionalen Differenzierungen vornimmt. Diese Aufgabe kann dem Planer/ Anwender durch einen Bewertungsansatz auf Landesebene nicht abgenommen werden. An mehreren Stellen wird in der Handlungsempfehlung darauf hingewiesen, dass die Biotopwerte in begründeten Fällen modifiziert werden können.
Eine Anpassung an regionale Seltenheits- oder Gefährdungssituationen stellt einen solchen begründeten Fall dar.
Der Bearbeitungsaufwand für kleine Vorhaben ist zu hoch. Wie sollen Vorhabenträger und Büros das unter vernünftigen ökonomischen Bedingungen leisten?
Um die Verhältnismäßigkeit von den Bearbeitungs- (und damit Kosten-) Aufwand für kleine Vorhaben zu wahren, wurden sog. Einfachfälle ausgeschieden. Für diese kann die Darstellung der Beeinträchtigungen und ggf. erforderlicher Kompensation in vereinfachter Form erfolgen.
Dies ist nicht gleichbedeutend mit einer Freistellung von der Eingriffsregelung! Lediglich der Darlegungsaufwand ist gemindert. Eine Entlastung der UNBs vom Prüfaufwand findet somit nur bedingt statt.
Für die Fälle in denen eine gutachterliche Darlegung unumgänglich ist, wurde die Erfassungs- und Bearbeitungstiefe nach der Bedeutung der betroffenen Werte und Funktionen des Naturhaushalts differenziert.
Wenn keine UVS erstellt wird, sind in vielen Fällen die Vorhabenträger nicht bereit, den Aufwand für die Erfassung der abiotischen Schutzgüter und Funktionen zu bezahlen.
Sofern durch den Eingriff Werte und Funktionen besonderer Bedeutung betroffen sind, sollten die Naturschutzbehörden den Vorhabenträgern gegenüber auf die Einhaltung der in der Handlungsempfehlung dargelegten fachliche Anforderungen dringen.
Insbesondere bauliche Maßnahmen sind besonders teuer und finden bei einem Biotopwertansatz keine ausreichende Anrechnung.
Es ist zutreffend, dass der keine Kosten Biotopwertansatz als »Wertäquvalent« berücksichtigt.
Die Kosten einer Maßnahmen spielen aus naturschutzfachlicher Sicht für die Ableitung von Kompensationsmaßnahmen zunächst keine Rolle, denn es ist ein auf fachlicher Ebene zu bestimmender Ausgleich eines bestimmten Elementes oder einer Funktion des Naturhaushaltes geschuldet.
Allerdings kommt die Frage bei der Entscheidung über die (kostenmäßige) Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme noch einmal auf. Da es aus naturschutzfachlicher Sicht durchaus wünschenswert und sinnvoll ist, dass auch kostenträchtige bauliche Maßnahmen (wie z.B. Entsiegelung, Rückbaumaßnahmen an bestehenden Bauwerken) durchgeführt werden , sieht die Handlungsempfehlung die Anrechenbarkeit einer solchen Maßnahme, ergänzend zu der durch Biotopentwicklung erzielbaren Wertsteigerungen mittels eines Funktionsauswertungsfaktors vor. Als Beispiel wird auf die Entsiegelung verwiesen. Entsiegelte Flächen, die dauerhaft für eine Wiederbesiedelung zur Verfügung stehen, können mit 4 Wertstufen angerechnet werden. Werden auf diesen Flächen spezif. Biotopentwicklungsmaßnahmen eingeleitet, so sind die Wertstufen des Zielbiotops ebenfalls anzurechnen. Darüber hinaus ist es möglich, mit Hilfe des Funktionsaufwertungsfaktors die Wertsteigerung z.B. der Retentionsfunktion in Anrechnung zu bringen.
Ob die in Ansatz zu bringenden Wertstufen oder Faktoren jeweils geeignet sind, im Einzelfall die Verhältnismäßigkeit zwischen Kosten, Maß der Aufwertung und Anrechenbarkeit herzustellen, muss sich in der Praxis erweisen.