Auswirkungen des Klimawandels auf wasserabhängige Ökosysteme – Teilprojekt Erzgebirgsmoore
Projektlaufzeit:
2006 – 2008
Projektziele:
Unter Beachtung der Entwicklungsgeschichte des Erzgebirgsmoores Mothhäuser Haide soll durch hydrophysikalische, moorspezifische sowie moorkundliche Methoden (u. a. Modelle) abgeleitet werden:
- Wie dieses Moorökosystem auf bisherige Klimaänderungen reagiert hat (retrospektive Analyse)?
- Welche Indikatoren Aussagen über Stabilität oder klimabedingte Labilität der Moore zulassen (strukturelle Analyse)?
- Welche Reaktionen des Moores als Folge der prognostizierten Klimaänderung zu erwarten sind (prognostische Analyse)?
- Wie variabel die Ökotopzonierung ist?
- Welche physikalisch begründeten, moorstrukturabhängigen Maßnahmen zum Schutz dieses und anderer Moore strategisch sinnvoll sind (naturschutzfachliche Synthese)?
Projektergebnisse:
- In der Studie werden die Auswirkungen des holozänen und prognostizierten Klimawandels auf den Wasserhaushalt, die Hydromorphologie, die Ökotope und FFH-Lebensraumtypen im Mittelgebirgshochmoor Mothhäuser Haide mittels einer Kombination des Wasserhaushaltsmodells AKWA-M® sowie der quantitativen hydromorphologischen Analyse und Ökotopprognose nach Edom & Golubcov (1996) modelliert. Die mathematisch-hydrologischen Grundlagen der Modellbildung werden ausführlich vorgestellt.
- Es erfolgt ein Vergleich von drei Landnutzungsszenarien in Kombination mit drei Klimaszenarien. Die Klimaszenarien sind Jetztklima (Messdaten 1981-2000), Zukunftsklima (WEREX IV Szenario 2041-60) und Paläoklima. Die Landnutzungsszenarien sind gegenwärtige Landnutzung (IST), pnV und Paläovegetation. Weiterhin wird die das Moor zerschneidende Görkauer Straße berücksichtigt (Szenarien geschlossene Straße, geöffnete Straße).
- Das Zukunftsklima (weniger Niederschlag, wärmer) bewirkt im gesamten Einzugsgebiet des Moores eine höhere Verdunstung und verringerte Abflüsse. Auf der Moorfläche reduziert sich der gebildete Abfluss um 25 Prozent, im übrigen Einzugsgebiet beträgt die Abflussreduktion 25 bis 32 Prozent.
- Auch bei der prognostizierten Klimaänderung wird es in der Mothhäuser Haide sowohl Teilgebiete mit Vernässung (aufgrund weiterer oder gar beschleunigter Moorregeneration) als auch Teilgebiete mit Austrocknung geben. Um noch genügend Gebiete mit Regenerations- und Vernässungsprozessen aufrechtzuerhalten sowie klimabedingte Austrocknungen zumindest teilweise zu kompensieren, sollte die Görkauer Straße geöffnet (wasserdurchlässig umgestaltet) werden.
- Trotz des prognostizierten Rückgangs an nässeren Ökotopen bleibt bei dem angenommenen Klimawandel der Charakter als Moor erhalten. Deswegen ist es die Aufgabe des Naturschutzes, die erforderlichen Randbedingungen für eine freie Moorentwicklung sicherzustellen.
- Die anthropogen verursachten Veränderungen wie Straßenbau, Entwässerung und Torfabbau hatten und haben Ökotopverschiebungen, Veränderungen in den Entwicklungspotenzialen und Wachstumsraten des Moores zur Folge, welche die Wirkung holozäner Klimaschwankungen und auch des prognostizierten Klimawandels bei weitem überschreiten.
- In den nächsten Jahrhunderten erscheint die Regenerierbarkeit ehemals großflächiger, offener und gehölzfreier Moorökotope, wie sie aus Stratigraphie und Großrestanalyse für die Mothhäuser Haide ablesbar sind, nicht mehr realistisch. Dennoch kann die Moorregeneration zu einem naturschutzfachlich wertvolleren Ökotopbild, als es gegenwärtig der Fall ist, führen.
- Es gibt unter einheitlichen Klimabedingungen unmittelbar benachbarte Moore oder Moorteile, die unterschiedlich sensitiv auf Klimaänderungen reagieren, was individuelle Schutzkonzepte für jedes Moor erfordert. Ursachen dafür sind Unterschiede in der lokalen Hydromorphologie, im erreichten Entwicklungsstadium der Moore (Hydrogenese) und in den lokalen hydrogeologischen Verhältnissen.
- Die Wiederherstellung der hydrologischen Durchgängigkeit, d. h. die Beseitigung der Gräben und Barrieren, unter Einschluss der silikatischen Einzugsgebiete der Moore, ist die notwendigste, dringlichste und effektivste Maßnahme des Naturschutzes, die auch gleichzeitig dem Klimaschutz dient (Wiederherstellung der Senkenfunktion für Kohlenstoff durch Torfwachstum bzw. Reduktion der Quellenfunktion). Alle Möglichkeiten, wertvolle Moor- und Moorwaldflächen zu revitalisieren, sollten ergriffen werden.
- Die Mothhäuser Haide eignet sich aufgrund des vorhandenen Untersuchungsstandes auch weiterhin als Untersuchungs- und Monitoringgebiet zum Studium selbstregulativer Regenerations- und Moorentwicklungsprozesse.
Ansprechpartner
Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie
Referat 63: Landschaftspflege
Anja Koch
Telefon: 03731 294-2300
E-Mail: Anja.Koch@smekul.sachsen.de
Webseite: https://www.lfulg.sachsen.de